Interreligiöser Dialog

Lust auf Unterhaltung? Hier gibt es Kurzweiliges wie Interviews und Reportagen mit Angehörigen unterschiedlichster Religionen.

Unheilige Geschwister: Sollten Satanismus und Christentum das Gespräch suchen?

Wie uns ein grundlegendes Dialogproblem ein solches Gespräch erschwert

[Ein Gastbeitrag von Daniel Sander (stud. theol.)]

Spätestens seit einer regelrechten „Okkultismus-Hysterie“, die ihren Höhepunkt in den 70er und 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in den westlichen Industrienationen erreichte, ist das Phänomen des „Satanismus“ in weiten Teilen der europäischen und amerikanischen Bevölkerung ein Begriff geworden. Die damals häufig anzutreffende Beurteilung dieser religiösen „Neuerscheinung“ als eine reale gesellschaftliche oder sogar „metaphysische“ Gefahr, die sich in zum Teil geradezu verleumderisch formulierten Streitschriften niederschlug,[1] ist mittlerweile passé. Die Zeiten platter Polemik, in denen Satanismus noch als bösartige, aber nicht weiter ernst zu nehmende[2] „Wucherung“ auf dem Boden des Christentums betrachtet wurde und Satanist*innen als pubertäre Provokateur*innen verspottet wurden, sind vorbei.[3]  Satanismus hat sich eben nicht als vorübergehendes „Modephänomen“ herausgestellt, sondern ist zu einer zwar stillen und nicht sonderlich anhängerstarken, aber doch etablierten Gruppe von Weltanschauungen geworden.

[1] Als ein aus heutiger Sicht fast schon amüsantes Beispiel vgl. Ulrich Bäumer: Wir wollen nur deine Seele. Hardrock: Daten, Fakten, Hintergründe. Bielefeld 1985². Dort wird die „Gefahr“ des Satanismus auf christlich-propagandistische Weise v.a. mit der Popularität der damals aufstrebenden Metal- und Hardrockszene verknüpft.

[2] Das ist die andere Seite der damaligen Bewertung „des“ Satanismus; Furcht, Verleumdung und Preisgabe der Lächerlichkeit gehen oft zeitgleich nebeneinanderher.

[3] Dennoch finden solcherlei Positionen vornehmlich im popkulturellen Sektor auch heute noch ihren Nachhall, vgl. etwa das humoristisch gemeinte Schmählied „Mitleid mit Satan“ des Kabarettisten Sebastian Krämer: https://www.youtube.com/watch?v=rnHfxRQwq2Q (ab ca. Min. 2:00; zuletzt aufgerufen am 19.05.2021).

Können Religionen vom Regenbogenfisch lernen?

„Weit draußen im Meer lebte ein Fisch. Doch kein gewöhnlicher Fisch, nein. Er war der allerschönste Fisch im ganzen Ozean. Sein Schuppenkleid schillerte in allen Regenbogenfarben.“[1]

Falls dieser Satz bei einigen Kindheitserinnerungen hervorruft, liegt das daran, dass mit diesen Sätzen eines der erfolgreichsten deutschen Kinderbücher beginnt: „Der Regenbogenfisch“ von Marcus Pfister. Es erzählt die Geschichte des wunderschönen, aber eitlen Regenbogenfisches, der erst lernen muss, seine Schuppen mit anderen Fischen zu teilen, um nicht mehr einsam zu sein. Pfister brachte unzähligen Kindern die Lektion bei, dass Teilen Freude macht. Längst sind diese Kinder erwachsen geworden und schmunzeln, wenn sie an die Geschichte erinnert werden. Tatsächlich kann allerdings jede*r – egal ob 5, 25 oder 45 – noch von dem Regenbogenfisch lernen. Das schillernde Schuppengewand des Regenbogenfisches und seine Bereitschaft, andere Fische an diesem teilhaben zu lassen, kann auch auf die Vielfältigkeit der einzelnen Religionen bezogen werden.

[1] Pfister, Marcus: Der Regenbogenfisch, Zürich, 1992. https://regenbogenfisch.com/